
Gil Ofarim ist von der Staatsanwaltschaft wegen Verleumdung zu Antisemitismus angeklagt und bleibt bei seinen Behauptungen
© Foto: ARD
Der Prozess um Gil Ofarim wird uns noch lange beschäftigen. Der Musiker und Sänger hatte einem Hotelangestellten in Leipzig Antisemitismus vorgeworfen und behauptet in einem Videopost: "Wenn ich meinen Judenstern jetzt einpacke, darf ich einchecken." Das Video schlug im Oktober 2021 große Wellen und entpuppte sich nach langwierigen Untersuchungen und mehrerer Gutachten als mutmaßlich falsche Anschuldigung. Die Staatsanwaltschaft hat nun Gil Ofarim wegen Verleumdung und falscher Verdächtigung angeklagt.
Der Prozess ist schwierig und hoch sensibel, denn sollte sich vor dem Landgericht herausstellen, dass Gil Ofarim - der selbst Jude ist - gelogen hat, wäre das für den "Zentralrat der Juden Deutschland" ein bitterer Schlag ins Gesicht. Obwohl nach Ansicht der Staatsanwaltschaft die Indizien dafür sprechen, dass Gil Ofarim falsche Tatsachen behauptet, hält er an seine Antisemitismus-Vorwürfe fest. "Davon können Sie ausgehen", sagte der Anwalt Markus Hennig dem NDR-Medienmagazin "Zapp" auf die Frage, ob Ofarim bei seiner Version des Vorfalls bleibe.
Jetzt könnte es noch etwas dauern, bis das Gericht eine Entscheidung fällt. Die zuständige Kammer des Landgerichts kann die Anklage komplett, mit Änderungen oder gar nicht zulassen. Eine weitere Option wäre, dass die Anklage zugelassen, das Verfahren aber vor dem zuständigen Amtsgericht eröffnet wird. Dort würde der Fall vom Strafmaß her eigentlich hingehören. Die Staatsanwaltschaft hatte sich jedoch wegen der besonderen Bedeutung und öffentlichen Wirkung des Falls dafür entschieden, die Anklage vor dem Landgericht zu erheben.
Zunächst sahen viele Beobachter*innen in Gil Ofarims Anschuldigungen einen antisemitischen Vorfall. Andere schenkten seiner Behauptung keinen Glauben. Der beschuldigte Mitarbeiter des Leipziger "Westin"-Hotels sah sich im Internet zahlreicher Anfeindungen ausgesetzt. Gegenüber unserer Redaktion sagte eine Hotefachfrau: "Erst war ich geschockt, zugleich war es sehr unglaubwürdig. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Hotelangestellter so gegenüber einem Kunden spricht, geht gegen Null. Die Feststellung der Staatsanwaltschaft wundert mich nicht." Auf Bildern von Überwachungskameras ist die Halskette mit dem Judenstern nicht zu sehen und daher ist es derzeit fraglich, ob sich der Vorfall wie von Ofarim beschrieben ereignete.
Bis zum endgültigen Urteil durch ein Gericht gilt immer die Unschuldsvermutung. Der Fall Ofarim hat den Medien aber eines gelehrt: Im Zukunft wird man äußerst vorsichtig sein, ungeprüfte Meldungen zu verbreiten. Antisemitismus ist allgegenwärtig und darf auch im Fall Gil Ofarim nicht verharmlost werden.
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